24 Stunden oder der längste Tag meines Lebens

18 09 2011

Am 16. September  verabschiedete ich zum 5ten Mal meine lieben Freunde und fuhr abends zusammen mit Mama und Luis nach Frankfurt zum Flughafen.  Die Stimmung war gereizt und euphorisch zugleich, als wir schon unterwegs waren liefen Anika und Marie noch hinter dem Auto her und wir umarmten uns schnell. Am Flughafen trafen wir Papa, der eine Woche in Kenia gewesen war und Cil, die von ihrer halbjährigen Südamerikareise wiederkehrte. Wie vereint man die Gefühle von Wiedersehen und Abschied? Wir haben es irgendwie geschafft. Zusammen mit Cil’s Freund Tobi fuhren wir mit dem VW-Bus nach Frankfurt rein und gingen bei einem Italiener selbstgemachte Nudeln essen. Cil gab mir viele Tips zu Südamerika, wie ich mich zu verhalten hätte, und worauf ich unbedingt achten müsse. Im Bus gruben wir nochmal mein komplettes Gepäck, schmissen Sachen raus, außerdem übergab mir Cil Dinge aus ihrem Gepäck. Irgendwann überfiel mich ein ziemlich mulmiges Gefühl, die Aufregung packte mich, der Zeitpunkt der Abfahrt, auf die ich quasi seit Monaten warte, sollte endlich kommen.

Nachdem wir uns zu sechst in den Vw-Bus gelegt hatten, um ein paar Stündchen zu schlafen, klingelte der Wecker um halb 5 und wir machten uns samt Gepäck auf den Weg zum Flughafen.

24.Stunden:

Dort traf ich Johannes und seine Familie. Der Abschied fiel mir schwer, dennoch überstieg die Euphorie und Aufregung über das was kommen würde, jegliche Trauergefühle.  Der Flug nach Paris verflog im Nu. Der zehnstündige Flug von Paris nach Bogotá hatte es in sich. Ich befand mich in einem Zustand zwischen tiefer Erschöpfung, Aufregung und Langweile. Als wir dann endlich in Bogotá ankamen regnete es in Strömen und kalte Luft wehte mir ums Gesicht. Der Flug nach Cali, war kaum zu glauben, der angenehmste und das Flugzeug das modernste und best ausgestattetste auf der ganzen Reise. Das Abbauen der Klischées konnte also beginnen.

Cali:

Wie oft hatte ich den Namen der Stadt ausgesprochen: C A L I. Wenn sich so ein beinahe leerer Raum plötzlich füllt, ist das unheimlich spannend. Der Schulleiter der Schule Mario holte und zusammen mit dem Fahrer Luis ab und los ging es mit einem Kleinbus, an dessen Decke ich mir immerzu den Kopf stoß, wenn wir über einen der sämtlichen Hubbel der schlechten Straßen fuhren. Mario ist sehr sympathisch und unterrichtete uns ein bisschen über Cali. Es war der absolute Wahnsinn. Sein Spanisch verstehe ich ganz gut und wurde auch direkt  für meins gelobt. Mit der Rappelkiste fuhren wir durch die Stadt, durch unheimlich arme Viertel, in denen ich Straßenkinder und viel zu viele Menschen auf einem kleinen Raum erblickte. Ich sah Kinder die Rosen verkauften, bettelten, schwangere Frauen, ja unheimlich viele Frauen. Der Verkehr tobte, die Motorräder überholten uns ständig, jeder fuhr so wie er wollte. Man hörte Sirenen von Polizei und Krankenwägen, lateinamerikanische Musik, sah bunte Busse, alte und neue Autos. Es begann kräftig zu regnen, trotzdem war es einfach nur heiß. Das subtropische Klima ist drückend, aber ich empfinde es als sehr angenehm.

Die Ungleichheit, die in Kolumbien besteht lässt sich erkennen, wenn man mit dem Auto die Stadt durchquert. Nachdem wir etliche arme Viertel passiert hatten, gelangten wir in einen reichen Bezirk, wo sich auch die Waldorfschule „Luis Horacio Gomez“  befindet. Plötzlich werden die Straßen breiter und besser, die Grundstücke größer. Die Grundstückewerden durch große Tore, Stromdräte und Alarmanlagen gesichert. Mario zeigte mir die wunderschöne Schule, ich war überwältigt. Wir schlenderten durch die offenen Gebäude, die bunt angestrichenen Klassen und die wunderschöne Natur. Begleitet wurden wir von den Lauten der Grille, der Zikade, der Vögeln und den Fröschen. Ich hatte das Gefühl  direkt im Urwald zu stehen. Der Vater der Familie Gunar sammelte mich ein und wir fuhren zu seiner Finca. Ein großes Haus, mit Bambusstreben und offenen Fenstern oder Flächen, wo Fenster sein könnten. Allgemein sind die Häuser hier sehr offen, anders ist es hier in warmen Zeiten nicht auszuhalten. Zurzeit regnet es häufiger und die Luft kühlt ab, dennoch ist es sommerlich.

Das große Haus erinnert mich an zu Hause, es gibt viel Holz und Farbe, bunte Fliesen und Chaos. Anders als zu Hause kriecht alles. Überall sind Tiere, aber ich finde das in Ordnung, solang sie nicht unter mein Himmelbett aus Mosquitonetz klettern.

Nach 24 Stunden Wachsein ging ich endlich schlafen und schlief 12 Stunden lang, was ungewöhnlich ist, denn wenn hier Morgen ist, ist in Deutschland schon Nachmittag und trotzdem konnte ich schlafen.

Das Frühstück hier ist köstlich. Muy rico! Es gab Maisfladen, Bananenmilch, Zapotes, eine Frucht die wie eine Mischung aus Mango und Kokosnuss schmeckt und Brot. Ich liebe das Obst hier. Im Garten wachsen Magos, Bananen, Zapotes und noch viel mehr. Dazu gab es frischen Tee mit Kräutern aus dem Garten.. Wir aßen zusammen mit dem Rektor Mario und der endlich angekommenen Marlene, meiner netten Mitfreiwilligen.

Nun lass ich alles erst einmal auf mich wirken. Ich bin noch nicht ganz da, hänge mit den Gedanken noch zu Hause, beim Flug, bei den Eindrücken der gestrigen Stadtrundfahrt.

Ich werde mich jetzt zwischen Palmen und Obstbäumen in die Hängematte legen und lesen, oder einfach wieder schlafen. Es ist ein Tag der Ankunft, des Ankommens. Morgen lerne ich das Projekt kennen, in dem ich für ein Jahr arbeiten werde. Ich freue mich.. Ich denke an euch..



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5 Antworten zu “24 Stunden oder der längste Tag meines Lebens”

  • Cil sagt:

    Hola Chica, que bueno!
    Schön dass du gut angekommen bist und ja ich verstehe dein Ankunft zu gut und ich vermisse die Geräusche (die blöden Sirenen nicht!) Komm gut an und genieß deine Zeit, wir freuen uns mehr zu lesen. Grüße auch von Tobi, Luis, Mama und Papa.
    Muchos Besos y Abrazos, te vayas bien y suerte. CiL

  • Lukas sagt:

    Ay que bueno!! 🙂 que te vayas bien y nos vemos pronto 🙂
    Cuídate!!! Luke

  • Tina sagt:

    Hi Zoe,
    ich habe gar nix von mir hören lassen. Habe trotzdem viel an dich gedacht. Hach, man müsste nochmal jung sein! So ein tolles Ziel, so eine schöne Aufgabe. Freue mich, dass du gut angekommen bist und auf interessante Blog-Beiträge. Schaff’s gut!! Tina

  • Rike sagt:

    Liebe Zoe, irgendwie dachte ich, dass du erst nach Chris Party fliegst, so hab ich es leider verpeilt mich von dir zu verabschieden! Ich wünsche Dir eine tolle Zeit und viele gute Erfahrungen und freue mich deinen bolg mit lesen zu können! LG Rike

  • Martin sagt:

    Liebe Zoe, noch gar nicht so lange her, als wir Mara in Frankfurt verabschiedeten. Und jetzt bist Du selbst weit weg von zu Hause. Aber das Web macht die Welt zum Dorf. Schön auf diese Weise teilhaben zu können. Eine spannende Zeit und wir folgen deinen Spuren… LG Martin, Bettina und Luca

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