Elternbesuch

13 05 2012

Cali-Salento-San Bernardo-Cartagena-Cali-Bogtá-

Elternbesuch. Es war soweit. Meine Familie sollte am Freitag den 30. März um 23.15 in Cali am Flughafen ankommen. Tutus Schwester lieh uns ihren Jeep und wir machten uns auf zum Flughafen. Ich fühle mich herrlich, aufgeregt, hatte aber auch das Gefühl, dass das ja im Grunde nicht real sein kann. Zuerst erblickte ich meinen Bruder Luis, der mir wahnsinnig groß und erwachsen vorkam und umarmte ihn gefühlte hundertmal. Ich begrüßte ihn natürlich mit meiner übertrieben enthusiastischen Art, während er einfach nur grinsend und zufrieden dastand. Kurz darauf traten meine Eltern auf die Bildfläche, im Bagpackerstil, müde und aufgeregt. Wir umarmten uns alle ausgiebig, ich stellte meinen Eltern Tutu vor und wir machten uns schließlich auf nach San Antonio, wo wir in einem Hostel schlafen würden. Unterwegs probierten meine Eltern noch das typische kolumbianische Bier. „Club Colombia“ und ich wusste, dass es eine bunte und harmonische Zeit werden würde.

In der Nacht lagen Luis und ich noch lange wach, brachten uns auf den neusten Stand des Geschehenen und genossen einfach nur das Dasein von Geschwistern, das nicht viel braucht um zu funktionieren. Am nächsten Tag fuhren wir zu mir nach Hause, wo uns eine strahlende Kis mit dem kleinen Mattias begrüßte. Wir aßen „Calentao“, ein Bohnen-, Reisgericht aus Cali mit Kochbanane. Kolumbianischer konnte es wohl nicht losgehen.

Am Abend fand das Konzert Manu Chaos statt, etwas das mir wie Schicksal vorkam, da ich diese Töne mit meiner Kindheit verbinde, sowie mit dem Leben mit Tutu und Kis. Nun trafen wir uns dort alle. Meine deutsche, meine kolumbianische Familie, meine Freunde. Es war ein sehr emotionaler Abend, ein Abend voller Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Am Sonntag gingen wir zu Anne und Gunnar Frühstücken, die zwei sind Mitverantwortliche in meinem Projekt. Außerdem  nahmen sie mich die ersten zwei Wochen meines Kolumbienaufenthaltes bei sich auf. Anne ist Kunsttherapeutin in Tarapacá und fand natürlich eine gute Plauderbasis zur meiner Mutter. Gunner ist Landwirt und im Inbegriff neue Projekte zu erschaffen, er und mein Vater fanden ebenfalls genügend Gesprächsthemen. Darüber hinaus passte es einfach sehr gut und wir verbrachten einen schönen Nachmittag in ihrem Garten. Anschließend fuhren wir zur Waldorfschule und Gunner führte meinen Vater herum, sie fachsimpelten über die Erbauung der Gebäude.

Am Montag fuhren wir mit dem Bus nach Armenia und von dort aus nach Salento. Tutu, der mit Kis und dem Baby mit dem Auto vorraus gefahren war sammelte uns an der Bushaltestelle ein und wir fuhren zu einem Haus, wo wir 2 Tage bleiben sollten. Als wir ankamen, konnte ich es nicht glauben. Es erwartete uns ein wunderschönes Bambushaus, das an einen Wald und Bach gelegen liegt und einen Blick in die Berge ermöglicht. Wir kochten alle zusammen, genossen die kühle, klare Bergluft und gingen auch schon bald schlafen. Die Kommunikation zwischen den beiden Familien funktionierte erstaunlich gut. Das Spanisch meiner Mutter setzt sich aus unterschiedlichen Spanischkursen und ihrem Lateinamerikaaufenthalt vor 26 Jahren zusammen. Mein Vater übersetzt sich die Worte aus dem Französischen und Lateinischen und nutzt seine Kenntnisse aus einem Kurs an der Hochschule. Dennoch musste ich ein paar Dinge übersetzen. Am nächsten Tag wanderten wir durch wunderschöne Landschaft, zwischen Kaffeeplantagen, Bananenfeldern und Reisfeldern bis ins Dörfchen Salento. Dort aßen wir Mittag, genossen die frische Brise und Bewegung. Am nächsten Tag fuhren wir mit Tutus gelben Volkswagen hinauf ins „Valle de Cocora“ – ein Landstrich, der zwar weniger Landwirtschaft birgt als unten in Saltento, dafür aber eine verrückte Vegetation besitzt. Man schaut auf Berge, die erstmal wie die Alpen scheinen, schon allein aufgrund des grüns und der Kühe. Aber zur Besonderheit besteht die dortige Flora aus Palmenwäldern. Ein verrückter Anblick, überzeugt euch selbst.

Am Nachmittag machten wir uns mit dem Bus auf nach Monteria, um von dort aus an einen Strand in der Nähe von „San Bernardo de Viento“ zu gelangen. Die Fahrt bis zum Strand kostete uns 24Stunden Reise. Aufregend, ergiebig an schönen und neuen Aussichten nach draußen und ermüdend. Dennoch waren wir glücklich, die Reise mit dem Bus gemacht zu haben, um ein Gefühl für die Distanz zu bekommen. Ein Tag vorher befanden wir uns in der irren Palmen-, Berglandschaft und plötzlich in der Affenhitze in einem karibischen Stranddorf. Unter kamen wir dort in einem mehr oder weniger schönen Betonhaus mit Strohdach mit Blick in einen Palmenwald, auf andere Strandhütten und aufs Meer. Für mich wirkte dieser Strand und das Meer, wie die Mischung von Karibik und Pazifik. Unsere Nachbarn versorgten uns mit herrlich frischem Fisch und Plátano verde, der grünen Kochbanane, außerdem mit köstlichem Kokosreis und Mangosaft. An einem der Tage wollten wir mit dem Boot auf die „Isla Fuerte“ fahren. Das gestaltete sich dann irgendwie recht schwierig. Zuerst fuhren wir jeweils zu 3 auf einem Motorrad in ein naheliegendes Dorf, wo wir uns plötzlich in einem kleinen Hafen befanden. Um uns herum schallte Musik aus alles Richtungen und die Afrokolumbianer rannten umherr, tranken, machten Geschäfte oder aßen. Die Situation kommt mir nun urkomisch vor. Die deutsche Familie Linnig Lichtenberg in mitten dieser wilden Afrokultur. Nach einigen Komplikationen, die wir nicht durchschauten fuhren wir auf die Insel und verbrachten dort einen sonnigen Planschnachmittag. Plötzlich stellte sich durch das Wasser auch noch mehr das Gefühl von Karibik ein, und das anders als im „Parque Nacional Tayrona“, den ich im Winter besuchte, erhielten wir eine Idee des Lebens der Menschen dort, das man  sehr mit dem Leben in Afrika assoziierte.

Wir genossen unsere Momente in dem kleinen Ort bei „San Bernardo de Viento“, das unverfälschte Leben, das wilde Meer. Dennoch verriet das nun stille Leben dort, dass es mal ein anderes gegeben haben muss. Zerfallene Bars, leerstehende, verrottete Häuser, die mal gestrahlt haben müssen brachten uns darauf. Oft ist der Grund für diese Situationen die Guerilla, die das Land einen Tages in Anspruch genommen hatte und die Menschen vertrieb.

Vom Afrodorf in die Metropole Cartagena. Dieses Mal saßen wir nur 3 Stunden im Bus, mussten uns aber mit klimatischen Veränderungen herumschlagen, die diesesmal nichts mit dem Umgebungswechsel zutun hatten. Draußen erreichte die Temperatur bis zu 35Grad, der Busfahrer hielt es jedoch für nötig den Bus auf 15 Grad herunter zu kühlen und wollte das auch partout nicht ändern. Ziemlich erfroren kamen wir dann im heißen Cartagena an und ließen uns mit dem Taxi bis in die Stadt fahren. Im Viertel Gutsemaní fanden wir ein super schönes Hostel, mit Innenhof voller Palmen und Blumen. Plötzlich befanden wir uns in einer anderen Welt. Backpacker, Touristen von reicherer Natur und haufenweise Polizisten, die zum wohl der Besucher aber auch der Anwohner existiert. Die Stadt kam uns aufgeräumt und sauber vor, nicht nur auf den Müll, sondern auch auf die Menschen bezogen. In manchmen Ecken sah man kaum Straßenbewohner, da diese öfters Mal Zutrittsverweigerungen haben, damit sich die Touristen wohler und sicherer fühlen. Ich finde es grausam. Dennoch ist die Stadt Cartagena architektonisch und kulturell sehr interessant und zum schlendern und schauen ideal. Am zweiten Tag fuhren wir mit dem Boot zu, „Playa Blanca“ , der nun alle karibischen Kriterien erfüllte. Türkises Wasser, weißer Sandstrand und Palmen. Bedauerlicherweise hatten wir keine Zeit mehr dort über Nacht zu bleiben und uns eine Holzhütte oder Hängematte zu mieten. Dort aufzuwachen, wäre sicherlich paradiesisch gewesen. Nach unseren Cartagenatagen setzten wir uns wieder in den Bus nach Medellín und von dort aus nach Cali. Das bedeutete nochmals 24Stunden Busfahrt in dieser Woche. Hut ab, meine Eltern sind jóvenes!

In Cali begleiteten mich meine Eltern nach Tarapacá und lernten schließlich den Ort kennen, wo ich so viel gelernt und erfahren habe. Sie nahmen im Morgenkreis teil, machten Eurythmie mit uns und halfen an verschieden Stellen mit. Zum Abschied schenkten Kis meinen Eltern noch kolumbianische Kleinigkeiten und wir aßen alle gemeinsam. Es war eine sehr schöne Zeit, ich merkte dass sich die Basis zu meinen Eltern noch einmal verändert hatte, dass es noch freundschaftlicher geworden war. Außerdem hatten sich mit ihrem Besuch zwei Welten vereint. Etwas von meinem Leben zu Hause war mit ihnen gekommen und vereinte sich mit all dem, was ich hier erfahren darf. Gracias por todo, familia hermosa!



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1 Antwort zu “Elternbesuch”

  • Annette Lenz sagt:

    Hallo,
    ich kenne dich zwar nicht, aber ich habe auf facebook gesehen dass die Laura deinen Blog kommentiert hat. Auf der Kurzbeschreibung des Blogs hab ich die Namen Kis und Tutu gelesen und dass du sie gut kennst…daraufhin hab ich den Blog gelesen.
    Ich war vor über 10 Jahren eineinhalb Jahre in Kolumbien und habe Kis gut kennen gelernt. Sie ist eine sooo liebe Freundin und ich freue mich dass du so eine schöne Zeit bei ihr hast. Leider habe ich Tutu und Matias nie kennen gelernt, außer auf Fotos. Als ich dort war, waren wir alle irgendwie „auf der Suche“ und es ist schön zu sehen dass jeder seins gefunden hat und irgendwie angekommen ist.
    Sag ihr ganz, ganz liebe Grüße von mir, ich denke oft an sie und an die schöne Zeit in Kolumbien vor allem in Cali. Die Erinnerung ist in schwierigen Zeiten immer noch ein unglaublicher „Kraft-geber“!!!
    Genieße die Zeit und lass es dir gut gehen in dem wunder-, wunderschönen Land!
    Annette aus München

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