Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

13 09 2012

 

Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend

Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,

Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend

Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe,

Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,

Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern

In andere, neue Bindungen zu geben.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,

Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum beschreiten,

An keinem wie an Heimat hängen,

Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,

Er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten.

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise

Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,

Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde

Uns neuen Räumen jung entgegensenden,

Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…

Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

Hermann Hesse

Danke Leni, dass du mir dieses Gedicht geschenkt hast. Es lässt mich an meinen lieben opa denken, der mir eines meiner Lieblingsbücher von Hermann Hesse schenkte.

So ist es. Nun heißt es Abschied nehmen. Vor einem Jahr steckte ich in den Vorbereitungen für die Reise, packte, eilte von einem Abschied zum nächsten, wollte alle meinen Lieben nocheinmal persönlich sehen und verabschieden. Ich kann nur eins feststellen. Dieses eine Jahr in Kolumbien hat ausgereicht, um den Abschied genauso schwer und ausgiebieg werden zu lassen, wie vor einem Jahr in Deutschland. Ich habe ein Stück meiner Seele, meines Herzens hier verloren.

Die letzten Wochen waren das größte Chaos. Tutu und Kis haben in San Fernando, einem Viertel im Zetrum der Stadt, eine Wohnung gefunden, dessen Garage die Möglichkeit bietet, einen Kleidungsgeschäft zu eröffnen. Bisher hat Tutu seine Hindumode dem Kunden mit seinem Auto geliefert, nun können die Leute zu ihm kommen. An dem Wochenende des Umzugs befand ich mich in Bogotá. Cil sollte dort ihren Freund Tobi treffen, ich wollte Laura nocheinmal sehen. So verließ ich Freitagsabends die Wohnung im Norden, flog mit Cil nach Bogotá und kehrte Sonntags alleine nach Cali zurück. Direkt fuhr ich in das neue zu Hause in San Fernando. Am gleichen Wochenende war auch der neue Praktikant  Tarapacás Wolfgang in Cali angekommen und hatte ein Zimmer der neuen Wohnung bezogen. Nach diesem Wochenende begannen auch die Abschiede in Cali. Am Mittwoch letzter Woche trafen sich die Muchachos Tarapacás, ihre Eltern, alle Lehrer und Praktikanten im Waldorfzentrum. Der Anlass war Marlenes und mein Abschied und die Begrüßung der neuen Praktikanten. Es wurde eine Band vom Pazifik eingeladen und getanzt. Meine liebe Schwester Cil war auch mit Tobi dabei. Nachdem sie Bogotá verlassen hatte und Tobi Saltento zeigte, zog es sie zurück nach Cali. Unsere Beziehung hat sich sehr schön entwickelt, wir sind verschieden, das waren wir immer, aber auf einer sehr vertrauten Basis begegnen wir uns und genießen unsere gemeinsame Zeit. Mir hat es viel bedeutet, dass sie mich in Cali besuchte, dass sie mein Leben dort kennen lernte. Wir fuhren zu Anne und Gunnar, mit deren Kindern auf die Finca in den Bergen. Wir gingen zusammen tanzen in Cali, verbrachten laue Sommerabende auf der Treppe vor dem neuen Haus. Wir lernten zusammen ein bisschen Bogotá kennen. In den letzten Tagen begleitete sie mich beim Abschiednehmen, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Die Rückkehr nach Deutschland bedeutet auch, sie wieder öfter zu sehen. Al fin! Der Abschied im Waldorfzentrum war sehr berührend. Die Eltern dankten uns, die Lehrer beschenkten uns und außerdem wurde einfach 2 Stunden lang wild getanzt. Viva Colombia.

Am Freitag trafen wir uns Praktikanten, Freunde, Tutu, Kis, Cil und Tobi in meiner Lieblingssalsabar. Wir tanzten die ganze Nacht. Ich fühlte mich sicher und auch ein bisschen stolz. Nun tanze ich Salsa ohne zu denken, auf den Boden zu schauen, oder dem anderen auf die Füße zu schauen und es sieht langsam nach etwas lateinamerikanischen aus 🙂 Endlich hatte ich mal wieder etwas so intensiv verfolgt.

Am Sonntag waren Kis, Tutu, Matias und ich bei Anne und Gunnar und Familia zum Frühstück eingeladen. Ich wurde den ganzen Morgen umarmt und von schönen Abschiedsworten begleitet. Die Familie Mordhorst, sowie Tutu, Kis und Matias sind zu meiner Familie geworden. Die Beziehungen zu ihnen, die so unabhängig vom Alter aufgebaut wurden, haben mich stark geprägt in diesem Jahr. Sie haben mir in diesem Jahr ein Stück Familie geschenkt. Mit Sarah, der Tochter Anne und Gunnars und auch mit Florian habe ich die letzten Monate jedes Wochenende verbracht.

Heute war der letzte Tag in Tarapacá. Marlene und Ich haben eine riesengroße Schlammaktion geplant. Wir zogen uns unsere Badebekleidung an und schmierten uns gegenseitig mit Erde und Schlamm ein. Irgendwann rief Kis, dass wir nun beginnen könnten den Schlamm zu werfen. Keiner blieb verschont. Anschließend stürzten wir uns alle in den See. Ich habe noch nie eine solche Sauerei gesehen, aber es war köstlich! Como los maranos! „Tarapacá ist ein Ort um zu SEIN“, ließ Gunnar feierlich verlauten.

Rückblickend weiß ich nicht, wofür ich am meisten dankbar sein soll. Die Arbeit mit den Muchachos lässt einen sich selbst einen Moment vergessen und sich auf sie konzentrieren. Sie brauchen deine Kraft, sie brauchen deine Energie und Begleitung. In diesem Moment passiert es aber, dass man zu sich selbst kommt, seine eigenen Grenzen kennenlernt und überschreitet. Ich fühle mich so sicher und bereichert, so gestärkt und in mir ruhend. Nun kann ich mir vorstellen alleine zu leben, zu studieren und die Aufgaben zu meistern, die damit verbunden sind. Ich bin dankbar, dass ich Kolumbien mit all seinen schönen und komplizierten Seiten kennen lernen durfte. Ich liebe und kritisiere dieses Land, Ich will es weiter erforschen. Ich bin dankbar für die Familien, die Freunde, die ich hier gefunden habe. Dankbar für Sarah, Laura, Sandra, Kis, Tutu, Kis, Florian, Alejandra, u.s.w.. und für die, die mich besuchten. Max, Fred, Wenke und Jonas, Cil, Mama, Papa und Luis. Ich freue mich nun so sehr auf all euch zu Hause. Danke, dass ihr mich gelesen habt, dass wir in Kontakt geblieben sind. Ich freue mich auf ein paar Tage im meinem sövener Hof mit meinen Eltern, Luis, Cil und den ganzen lieben Freunden..

Eure Zoe

 



Noch Wochen, Tage, Stunden…

3 08 2012

Zum letzten Mal..

Nun bleiben mir noch 6 Wochen in Kolumbien. Gestern kehrte Kis nach Hause zurück und konfrontierte mich mit dieser Tatsache. „Zoe, dir bleiben noch 6 Wochen. Mir wurde das heute plötzlich bewusst und ich fragte mich, wie denn dann alles werden wird, wie der Alltag aussieht. Ich sorge mich nicht um unsere zwischenmenschliche Verbindung, die bleibt fürs ganze Leben, aber unsere Beziehung beinhält so viel physischen Kontakt. Dich zu umarmen, dich bei uns zu spüren, dich täglich zu fragen, wie es dir geht und  mitzuerleben was du erlebst, all das wird sich verändern. Dass ich mich für dich und dein neues Leben in Jena freue, bleibt außer Frage, aber ich hasse den Gedanken an eine Realität ohne dich.“ Mich rührte das natürlich, aber bestärkte mich nur noch mehr in dem Gedanken,  irgendwann wieder nach Cali zurückzukehren. Auch sagte sie mir, dass ich ihr nun sehr ruhig und ausgeglichen vorkäme, auch meine „übermäßige Emotionalität“ hätte ich ein bisschen zügeln können. Sie sähe mich ausgeglichen im Bezug auf mich selbst und gegenüber der Welt im Allgemeinen.

Nach der Reise durch Ecuador besuchte ich für eine Woche ein anderes Projekt. Die „christliche Stiftung für Jugendliche“ bemüht sich um Kinder und Jugendliche eines ärmeren Viertels, dass in den Bergen am Rande Calis gelegen ist. Alle Kinder, die die Schule besuchen hatten Schwierigkeiten in anderen Schulen, wurden aufgrund von schlechtem oder rebellischen Verhalten der Schule verwiesen. So begegnen sich in „ACJ“ nun 40 laute und eigenwillige Kinder und Jugendliche, die allesamt aus einer harten Realität stammen. Viele ihrer Eltern befinden sich ohne Arbeit, oder verrichten illegale Jobs, um die Familie zu unterhalten. Die Kinder sind eigenwillig, robust, schlagen sich untereinander und testen ihre Grenzen gegenüber Autoritätspersonen „oder“ uns Praktikanten. Immer gilt es der Beste zu sein, seine Macht und Stärke zu beweisen, dem anderen das Gefühl zu geben, ihm unterlegen zu sein. Aber sie sind auch lernwillig, lebensfroh, sehr eigenständig und auf ihre Art und Weise liebevoll. Mariza, die Lehrerin der 40 Schüler geht autoritär, aber voller Liebe an ihre Arbeit heran, der einzige Weg, der zu funktionieren scheint. Für mich war der Einblick, außerhalb der „Waldorfluftblase“ eine Möglichkeit die wirkliche Realität Kolumbiens noch ein Stück besser kennen zu lernen und ich habe festgestellt, dass mich nun nichts so einfach stressen kann. Nach den Tagen in der Schule war ich zwar wahnsinnig müde, während der Arbeit konnte mich jedoch weder Geschrei noch das Testen jeglicher Grenzen der Kinder, wirklich aus der Ruhe bringen. Ich besuchte das Projekt mit Sarah, der Tochter von Anne und Gunnar, Marlene und Laura. Einen Tag jonglierten wir mit den Kindern, ich brachte ihnen Poi bei und Laura stellte ihre magische „Contact“- Glaskugel vor. Nun lasse ich wieder Bilder sprechen.



GRENZ-(über)GANG – La luz de Ecuador es amarilla

22 07 2012

Meine lieben leser,

Ecuador verzückte mich mit seinen gelben Sonnenuntergängen. Am 30. Juni machten sich eine Deutsche und eine Kolumbianerin auf die Reise nach Ecuador. Laura lernte ich im Dezember in Cali kennen, besuchte sie vor wenigen Monaten in Bogotá, wo sie Kunst studiert. Für die Ferien kam sie in ihre Heimat Cali und wir beschlossen, uns auf die Reise abwärts zu begeben. Um 9.30p.m trafen wir uns am Terminal Cali und setzten uns in den Bus nach Ipiales, von wo aus man die Grenze überschreiten kann. Welch seltsames Gefühl Kolumbien das erste Mal nach 10 Monaten zu verlassen. Von Ipiales aus ging es per Autostop nach Túlcan, von dort aus nahmen wir den Bus nach. Am Sonntag Abenerreichten wir in Quito. Dort gedachten wir in einer kleinen Waldorfschule zu übernachten, man hatte uns jedoch noch nicht zugesagt. Da wir Abends kein Hostel in Quito suchen wollten, nahmen wir den Bus nach Cuenca und saßen somit 34 Stunden am Stück im Bus. Ich fühlte mich herrlich, auch Laura schien der Espíritu der Reise gepackt zu haben und sie wirkte entspannt. Auf der Reise lasen wir Kurzgeschichten von Gabriel García Marquéz, langsam finde ich Verständnis und Leidenschaft für seine einzigartige Literatur. Wir rauschten durch unterschiedliche Klimazonen und Landstriche, begeistert von der Vielfältigkeit des Landes und seiner Flora. Am Morgen des Montags reisten wir zwei beide in Cuenca ein. Auch ein Grund für dieses Ziel, war mein lieber Freund Max, der mich zuvor 5 Wochen in Cali besucht hatte. Ich hatte ihm kommuniziert, dass ich nach Cuenca kommen würde, er genoss seine letzten Tage in Ecuador jedoch ohne Mailchecking. Ich schrieb ihm also, dass wir uns in Cuenca in einem Hostel befinden und ihn erwarteten, beziehungsweise auf der Suche nach seinem zu Hause sind. Er überraschte uns im Hostel und wir zogen ins „Casa Sucre“. Das Casa Sucre ist ein altes Herrenhaus im Kolonialstil und erinnert an ein großes Museum. Es besitzt viele Zimmer, die allesammt von gemalten Vögeln beflogen werden, im Zentrum des Zimmers befindet sich das Himmelbett. Die Idylle drückte sich nicht nur in der Schönheit des Ortes, sondern auch im harmonischen Zusammenleben der Bewohner aus. Max lebte dort mit einigen Weltenbummlern zusammen, die sich in Cuenca eine Weile niederließen. Wir verbrachten kulturell austauschende, musikalisch gemischte Abende, kochten zusammen und fühlten uns in der Gruppe gut aufgehoben. Für mich war es einzigartig in Max Leben hineinzuschnuppern, da er zuvor 5 Wochen in Cali war, wir zusammen tanzen gingen, er mich nach Tarapacá begleitete und somit mein Leben hier kennen lernte. Auch ich hatte die Ehre seine Fundación kennen zu lernen, die sich um die Kinder der Verkäufer vom Markt bemüht. Die indigenen Kinder sind stark, robusst und auch etwas schwierig zu händeln. Max bewieß Gelassenheit und Empathie und mit diesen Fähigkeiten einen guten Weg ihnen zu begegnen. Max flog am Donnerstag zurück nach Deutschland. Laura und ich blieben noch einen Tag, genossen die Friedlichkeit und Ruhe Cuencas und das kulturelle Leben. Jeden Tag spielten wir eine Stunde an der Ampel POI und CONTACT und finanzierten uns damit die gesammte Reise. Die Leute freuten sich über die kleine Runde Kunst während des Wartens an der Ampel und unterstützten uns scheinbar mit Freude mit ein paar Münzen. Zu diesem Thema gibt es sicherlich verschiedene Ansichten, man könnte meinen, dass es schmarotzerisch ist. Aber da wir täglich nur eine Stunde arbeiteten und Niemanden an der Ampel verdrängten und zudem eine sehr positive und interessierte Rückmeldung erhielten, ging es mir gut damit. Dieser Stil des Reisens macht unabhängig, die Frage zur Moral bleibt offen.

Von Cuenca machten wir uns auf nach Banos, einen Ort in den Bergen, der viele Attraktionen wie Wasserfälle, Vulkane und Thermale zur Schau stellt. Wir entspannten uns dort einen Tag, badeten mit einem Haufen Ecuatorianern in den Bädern am Wasserfall und befanden uns einen Tag später im Amazonas. Ich fühlte mich verwirrt und der Klimawandel bereitete mir Kopfschmerzen. Da froren wir in Banos zwischen vielen Touristen in Mitten von Bergen und schwitzen im nächsten Moment im Urwald am Amazonas. Zwischen den beiden Orten liegen gerade mal 4 Stunden. In Tena nächtigten wir in einer billigen Pension und fuhren am nächsten Morgen nach Misuallí. Dort fanden wir Affen am Strand des Rio Napo vor, der Fluss Napo feßt weiter östlich in den Amazonas. Ein freundlicher Herr führte uns durch die Selva (den Urwald), kletterte auf Bäume um uns eine süße rote Banana probieren zu lassen, klärte uns über die Heilkräfte des Urwaldes auf. Wir spazierten durch den Urwald, lauschten den unglaublichen Geräuschen der Vögel und gelangten letztendlich an einen 600 Jahre alten Baum, der einen Durchmesser von mehr als 6 Metern besitzt. Wir „spazierten“ um den Baum herrum und genossen die tropische feuchte Luft und das warme Klima nach der Kälte in Banos. Am Abend nahmen wir einen Bus nach Quito und wurden dort von Moises, einem indigenen Schulleiter der kleinen Waldorfschule, am Terminal abgeholt. Ich kannte ihn nicht persönlich. Catalina, eine Lehrerin meines Projektes schaffte den Kontakt für uns. Die Gastfreundschaft stieg ins Unermessliche. Moises gab uns Brot und Tee und räumte für uns das Ehebett. Wir schliefen tief und fest nach 2 aufrgenden Tagen. Am nächsten Tag begleitete uns Moises zur kleinen Waldorfschule, die ca. 40Min außerhalb der Stadt Quito in den Bergen liegt. Die Schule befindet sich in einem kleinen Garten voller Obstbäume und erinnert an einen Märchenspielfilmort. 60 Kinder besuchen die Schule, die noch im Aufbau ist. Der 30 jährige Adrián lebt dort oben mit seinem kleinen Sohn Kenny und stellte uns für einige Tage sein Gästezimmer zur Verfügung. Er schien es zu lieben seine Gäste zu verwöhnen, jedenfalls bekochte er uns und wir wurden somit Morgens von dem Geruch frischer Maisfladen, Pfannekuchen oder Vollkornbrot geweckt. Wir spazierten durch das Bergdorf, wo viele Indigene mit ihrer Großfamilie und ihren Tieren leben und genossen die frische Bergluft, sowie den Blick auf zwei Nevados (Cotopaxi). Lauris und ich fuhren in die Stadt und spielten eine Runde an der Ampel, besichtigten dann das historische Zentrum und stürmten wie in jeder besuchten Stadt den Mercado, um die Geschmäcker und Gerüche der Stadt einzunehmen und einzuatmen. Dank Jonas und Wenke, Freunde aus Berlin, die mich im Winter in Cali besucht hatten und mir ihre Quitokarte + Tipps hinterlassen hatten, fanden wir ein vegetarisches Restaurant, in dem wir zu Mittag aßen. Wir besuchten das Kunstmuseum der Modernen Kunst, dass Themen zu behandeln schien, die junge Künstler in der ganzen Welt zu beschäftigen scheinen.

Vom schönen Quito aus machten wir uns auf den Weg nach OTAVALO. Otavalo steht unter einem bestimmten Recht der Humanität, daher darf jeder Otavaleno ohne Visa in die ganze Welt ziehen. Mich verblüffte der starke indigene Einfluss der Stadt Otavalo, die Bewohner bleiben ihrem traditionalen Kleidungs- und Lebensstil im weiten Sinne treu. Die Frauen tragen z.B Wualkas, goldene Perlenkette, die jeh nach Menge der Perlen/Ketten den finanziellen Stand der Familie anzeigen. Die erste Nacht nächtigten wir unten am „Plaza de los Ponchos“, wo sich der große Artesaníamarkt befindet und genossen die Abendstimmung auf dem vor Ernergie sprühenden Platz. Später am Abend lernten wir einen Haufen Musiker, Artesanos und Künstler kennen und verbrachten mit ihnen die abendlichen Stunden. Es wurden Andinaflöten, Charangos und Gitarren ausgepackt und gesungen. Es wurde jongliert und Einrad gefahren. Kaum zu glauben, nach 11 Jahren beherrsche ich das Einradfahren noch. Ich muss zugeben, dass mich das Klima der Artesanos und Musiker nicht direkt in seinen Bann zieht, auch bevorzuge ich, mich nicht hemmungslos zu betrinken, sondern die Stiummung nüchtern wahrzunehmen. Ich verhalte mich plötzlich schüchtern und beobachtend, was ich nicht von mir kenne. Ich habe plötzlich nicht mehr das Verlangen mich zu präsentieren, von mir zu berichten. Letztendlich kristalisierten sich jedoch ein paar sehr nette Personalitäten heraus. Felipe, ein Chilene beherrscht jede Andinaflöte und auch den Tanz dazu, Diego spielt Gitarre und singt dazu Reagge. Am nächsten Tag zogen wir zu einer indigenen Familie in die Berge außerhalb von Otavalo und verbrachten die Abende mit der Familie und Felipe und Diego. Laura und ich lernten uns zunehmend besser kennen, berichteten uns von Kindheit, Jugend und Träumen. Vorallem genossen wir aber unser Glück, so tolle Menschen treffen zu dürfen und mit ihnen Momente zu genießen. Die indigene Familie, mit der wir lebten, wurdedieser Tage zu einer Hochzeit eingeladen. In ihrer Kultur läuft das ganze folgenermaßen ab. Der Mann fordert die Frau auf ihn zu heiraten, indem er mit all seinen Verwanten und Freunden, sowie Meerschweinchen, Schweinen, Rind und anderem toten Tier, Gemüse, Obst und warme Speisen zu ihrem Haus maschiert. Mit diesen Gaben zeigt er seinen Reichtum, seine Macht. Willigt die Frau ein, findet ein 3 tägiges Fest statt. Zuerst wird bei der Braut und anschließend im Hause des Bräutigam gefeiert. Eine große Rolle dabei spielt, das beste Fest auszurichten,  um seine persönliche Ehre zu vertreten. Die Familie des Hostels besuchte eine dieser Hochzeiten und spät in der Nacht, wir saßen am Feuer, tauchte der 7 jährige Sohn auf, um Felipe und Diego zu holen, damit sie seinen betrunkenen Vater nach Hause holen. Als der Vater heimkehrte, bzw. „heimgekehrt“ wurde, wurde er furchtbar wütend und schlug auf seine Frau ein. Seine Wut lag darin begründet, dass er ärmer als seine Schwester sei. Der 7 jährige Sohn kauerte weinend und schreiend in einer Ecke, sich die Ohren zu haltend. Am nächsten Morgen verlor kein Mensch  ein Wort über das Geschehene. Doch die Gesichter der Familienmitglieder erzählten die Geschichte der Nacht. Der Vater hatte eine vom Alkohol gerötete Nase, der Sohn vom Weinen gerötete Augen, die Mutter ein vom Schlag gerötetes Gesicht.

In der Nähe unseres Hostels befand sich ein Eukalyptuswald und Laura und ich nahmen uns einen Tag, um diesen zu erforschen. Wir badeten im Wasserfall, kletterten durch eine Grotte, um an einen weiteren, unbekannteren Wasserfall zu gelangen. Das beobachten des Wasserstroms festigte sich zum Sinnbild meiner Reise. Ein starker Strom an Energie, mit voller Power ins Leben.

Vom im Grunde so idyllischen Otavalo machten wir uns per Anhalter auf,zur nördlichen Küste Ecuadors und wollten dort die letzten Tage unserer Reise verbringen. Wir reisten fast den ganzen Tag und kamen am Abend an der Küste des Pazifiks an. Wir spazierten den Strand entlang, erfreuten uns am Sonnenuntergang und verbrachten eine Nacht in einem Zimmer am Strand. Begleitet wurden meine Träume von heftigen Regenschauern und des Grunzen eines Schweines, dass unser einziger Nachbar zu sein schien. Am nächsten Morgen machten wir uns statt an der Küste zu bleiben auf nach Pasto in Kolumbien und verbrachten dort mit kolumbianischen Heimatgefühl unseren letzten Reisetag. 3 Wochen. 21 Tage. Millionen Momente, die Grundlage schaffen für eine lebenslange Verbindung zwischen mir und Laura.

Heute Morgen kehrten wir nach Cali zurück. Ich überraschte Kis, Tutu und Matias. Kis sprang vom Frühstückstisch auf und umarmte mich stürmisch. Ein so wahnsinnig warmes Wiedersehen rief wiedermals die Erkenntnis auf in Cali ein zweites zu Hause gefunden zu haben. Ich werde noch oft nach Cali zurück kehren.. Ein Stück von mir ist nun hier.

99 Fotos –>

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Elternbesuch

13 05 2012

Cali-Salento-San Bernardo-Cartagena-Cali-Bogtá-

Elternbesuch. Es war soweit. Meine Familie sollte am Freitag den 30. März um 23.15 in Cali am Flughafen ankommen. Tutus Schwester lieh uns ihren Jeep und wir machten uns auf zum Flughafen. Ich fühle mich herrlich, aufgeregt, hatte aber auch das Gefühl, dass das ja im Grunde nicht real sein kann. Zuerst erblickte ich meinen Bruder Luis, der mir wahnsinnig groß und erwachsen vorkam und umarmte ihn gefühlte hundertmal. Ich begrüßte ihn natürlich mit meiner übertrieben enthusiastischen Art, während er einfach nur grinsend und zufrieden dastand. Kurz darauf traten meine Eltern auf die Bildfläche, im Bagpackerstil, müde und aufgeregt. Wir umarmten uns alle ausgiebig, ich stellte meinen Eltern Tutu vor und wir machten uns schließlich auf nach San Antonio, wo wir in einem Hostel schlafen würden. Unterwegs probierten meine Eltern noch das typische kolumbianische Bier. „Club Colombia“ und ich wusste, dass es eine bunte und harmonische Zeit werden würde.

In der Nacht lagen Luis und ich noch lange wach, brachten uns auf den neusten Stand des Geschehenen und genossen einfach nur das Dasein von Geschwistern, das nicht viel braucht um zu funktionieren. Am nächsten Tag fuhren wir zu mir nach Hause, wo uns eine strahlende Kis mit dem kleinen Mattias begrüßte. Wir aßen „Calentao“, ein Bohnen-, Reisgericht aus Cali mit Kochbanane. Kolumbianischer konnte es wohl nicht losgehen.

Am Abend fand das Konzert Manu Chaos statt, etwas das mir wie Schicksal vorkam, da ich diese Töne mit meiner Kindheit verbinde, sowie mit dem Leben mit Tutu und Kis. Nun trafen wir uns dort alle. Meine deutsche, meine kolumbianische Familie, meine Freunde. Es war ein sehr emotionaler Abend, ein Abend voller Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Am Sonntag gingen wir zu Anne und Gunnar Frühstücken, die zwei sind Mitverantwortliche in meinem Projekt. Außerdem  nahmen sie mich die ersten zwei Wochen meines Kolumbienaufenthaltes bei sich auf. Anne ist Kunsttherapeutin in Tarapacá und fand natürlich eine gute Plauderbasis zur meiner Mutter. Gunner ist Landwirt und im Inbegriff neue Projekte zu erschaffen, er und mein Vater fanden ebenfalls genügend Gesprächsthemen. Darüber hinaus passte es einfach sehr gut und wir verbrachten einen schönen Nachmittag in ihrem Garten. Anschließend fuhren wir zur Waldorfschule und Gunner führte meinen Vater herum, sie fachsimpelten über die Erbauung der Gebäude.

Am Montag fuhren wir mit dem Bus nach Armenia und von dort aus nach Salento. Tutu, der mit Kis und dem Baby mit dem Auto vorraus gefahren war sammelte uns an der Bushaltestelle ein und wir fuhren zu einem Haus, wo wir 2 Tage bleiben sollten. Als wir ankamen, konnte ich es nicht glauben. Es erwartete uns ein wunderschönes Bambushaus, das an einen Wald und Bach gelegen liegt und einen Blick in die Berge ermöglicht. Wir kochten alle zusammen, genossen die kühle, klare Bergluft und gingen auch schon bald schlafen. Die Kommunikation zwischen den beiden Familien funktionierte erstaunlich gut. Das Spanisch meiner Mutter setzt sich aus unterschiedlichen Spanischkursen und ihrem Lateinamerikaaufenthalt vor 26 Jahren zusammen. Mein Vater übersetzt sich die Worte aus dem Französischen und Lateinischen und nutzt seine Kenntnisse aus einem Kurs an der Hochschule. Dennoch musste ich ein paar Dinge übersetzen. Am nächsten Tag wanderten wir durch wunderschöne Landschaft, zwischen Kaffeeplantagen, Bananenfeldern und Reisfeldern bis ins Dörfchen Salento. Dort aßen wir Mittag, genossen die frische Brise und Bewegung. Am nächsten Tag fuhren wir mit Tutus gelben Volkswagen hinauf ins „Valle de Cocora“ – ein Landstrich, der zwar weniger Landwirtschaft birgt als unten in Saltento, dafür aber eine verrückte Vegetation besitzt. Man schaut auf Berge, die erstmal wie die Alpen scheinen, schon allein aufgrund des grüns und der Kühe. Aber zur Besonderheit besteht die dortige Flora aus Palmenwäldern. Ein verrückter Anblick, überzeugt euch selbst.

Am Nachmittag machten wir uns mit dem Bus auf nach Monteria, um von dort aus an einen Strand in der Nähe von „San Bernardo de Viento“ zu gelangen. Die Fahrt bis zum Strand kostete uns 24Stunden Reise. Aufregend, ergiebig an schönen und neuen Aussichten nach draußen und ermüdend. Dennoch waren wir glücklich, die Reise mit dem Bus gemacht zu haben, um ein Gefühl für die Distanz zu bekommen. Ein Tag vorher befanden wir uns in der irren Palmen-, Berglandschaft und plötzlich in der Affenhitze in einem karibischen Stranddorf. Unter kamen wir dort in einem mehr oder weniger schönen Betonhaus mit Strohdach mit Blick in einen Palmenwald, auf andere Strandhütten und aufs Meer. Für mich wirkte dieser Strand und das Meer, wie die Mischung von Karibik und Pazifik. Unsere Nachbarn versorgten uns mit herrlich frischem Fisch und Plátano verde, der grünen Kochbanane, außerdem mit köstlichem Kokosreis und Mangosaft. An einem der Tage wollten wir mit dem Boot auf die „Isla Fuerte“ fahren. Das gestaltete sich dann irgendwie recht schwierig. Zuerst fuhren wir jeweils zu 3 auf einem Motorrad in ein naheliegendes Dorf, wo wir uns plötzlich in einem kleinen Hafen befanden. Um uns herum schallte Musik aus alles Richtungen und die Afrokolumbianer rannten umherr, tranken, machten Geschäfte oder aßen. Die Situation kommt mir nun urkomisch vor. Die deutsche Familie Linnig Lichtenberg in mitten dieser wilden Afrokultur. Nach einigen Komplikationen, die wir nicht durchschauten fuhren wir auf die Insel und verbrachten dort einen sonnigen Planschnachmittag. Plötzlich stellte sich durch das Wasser auch noch mehr das Gefühl von Karibik ein, und das anders als im „Parque Nacional Tayrona“, den ich im Winter besuchte, erhielten wir eine Idee des Lebens der Menschen dort, das man  sehr mit dem Leben in Afrika assoziierte.

Wir genossen unsere Momente in dem kleinen Ort bei „San Bernardo de Viento“, das unverfälschte Leben, das wilde Meer. Dennoch verriet das nun stille Leben dort, dass es mal ein anderes gegeben haben muss. Zerfallene Bars, leerstehende, verrottete Häuser, die mal gestrahlt haben müssen brachten uns darauf. Oft ist der Grund für diese Situationen die Guerilla, die das Land einen Tages in Anspruch genommen hatte und die Menschen vertrieb.

Vom Afrodorf in die Metropole Cartagena. Dieses Mal saßen wir nur 3 Stunden im Bus, mussten uns aber mit klimatischen Veränderungen herumschlagen, die diesesmal nichts mit dem Umgebungswechsel zutun hatten. Draußen erreichte die Temperatur bis zu 35Grad, der Busfahrer hielt es jedoch für nötig den Bus auf 15 Grad herunter zu kühlen und wollte das auch partout nicht ändern. Ziemlich erfroren kamen wir dann im heißen Cartagena an und ließen uns mit dem Taxi bis in die Stadt fahren. Im Viertel Gutsemaní fanden wir ein super schönes Hostel, mit Innenhof voller Palmen und Blumen. Plötzlich befanden wir uns in einer anderen Welt. Backpacker, Touristen von reicherer Natur und haufenweise Polizisten, die zum wohl der Besucher aber auch der Anwohner existiert. Die Stadt kam uns aufgeräumt und sauber vor, nicht nur auf den Müll, sondern auch auf die Menschen bezogen. In manchmen Ecken sah man kaum Straßenbewohner, da diese öfters Mal Zutrittsverweigerungen haben, damit sich die Touristen wohler und sicherer fühlen. Ich finde es grausam. Dennoch ist die Stadt Cartagena architektonisch und kulturell sehr interessant und zum schlendern und schauen ideal. Am zweiten Tag fuhren wir mit dem Boot zu, „Playa Blanca“ , der nun alle karibischen Kriterien erfüllte. Türkises Wasser, weißer Sandstrand und Palmen. Bedauerlicherweise hatten wir keine Zeit mehr dort über Nacht zu bleiben und uns eine Holzhütte oder Hängematte zu mieten. Dort aufzuwachen, wäre sicherlich paradiesisch gewesen. Nach unseren Cartagenatagen setzten wir uns wieder in den Bus nach Medellín und von dort aus nach Cali. Das bedeutete nochmals 24Stunden Busfahrt in dieser Woche. Hut ab, meine Eltern sind jóvenes!

In Cali begleiteten mich meine Eltern nach Tarapacá und lernten schließlich den Ort kennen, wo ich so viel gelernt und erfahren habe. Sie nahmen im Morgenkreis teil, machten Eurythmie mit uns und halfen an verschieden Stellen mit. Zum Abschied schenkten Kis meinen Eltern noch kolumbianische Kleinigkeiten und wir aßen alle gemeinsam. Es war eine sehr schöne Zeit, ich merkte dass sich die Basis zu meinen Eltern noch einmal verändert hatte, dass es noch freundschaftlicher geworden war. Außerdem hatten sich mit ihrem Besuch zwei Welten vereint. Etwas von meinem Leben zu Hause war mit ihnen gekommen und vereinte sich mit all dem, was ich hier erfahren darf. Gracias por todo, familia hermosa!



Halbzeit

13 05 2012

Meine lieben Leser,

Nach meiner ersten großen Reise im Dezember/Januar stellte sich ein Gefühl von Demotivation und Langweile für mich ein. Obwohl sich rahmenbedingt nicht wirklich viel verändert hatte. Es fiel mir schwer nach einem Monat Reise wieder in die Arbeit und das plötzlich alltägliche, gewohnte Leben in Cali zu treten. Sicherlich kam dieser Gedanke der Demotivation auch durch den Tod meines Opas, der das erste große Heimweh und den Wunsch bei der Familie zu sein auslöste. Für viele der calenischen Freunde, mit denen ich vor der Reise meine Wochenenden verbracht hatte, endeten die Semesterferien und sie waren somit weniger flexibel. Im Grunde habe ich mich zu diesem Zeitpunkt wohl einfach vollständig eingelebt, was letztendlich eine sehr schöne Tatsache ist. Auch begannen Gedanken wie, wie wird wohl das Studium sein, bin ich da intellektuell überhaupt fähig zu, sollte ich nicht im Grunde jetzt schon anfangen mich mit Fachliteratur im Pädagogischen Bereich zu beschäftigen? Darf ich eigentlich gerade nur das Leben genießen, ohne mich wirklich intellektuell weiter zu bilden? Nun bin ich der Meinung, dass ich das absolut darf, da die Lebenserfahrungen die ich hier sammle weit über das Theoretische hinausgehen, dass ich mir gerade aneignen könnte. Und studieren werde ich sicher noch genug.

Im Februar erschien Sandra. Auch sie reiste letztes Jahr mit den „Freunden der Erziehungskunst Rudolf Steiner e.V“ nach Peru und arbeitete dort in einer Schule für Menschen mit Behinderungen. Sie zog es zurück nach Lateinamerika und besuchte uns für knappe 2 Wochen Tarapacá. Irgendwie passte es sofort zwischen uns und wir verbrachten 5 schöne Wochen zusammen in Cali. In dieser Zeit reisten wir mit einem anderen neuen Freund und seiner Familie in die Nähe von Popayán. Dort wohnten wir in einem Hostel in dem Ort Coconuco, der mitten in den Anden gelegen ist. Wir wanderten, sangen Karaoke und schwammen in wunderschönen Thermalbädern inmitten der Berge. Eins der Bäder bestand aus purem Schlamm und es war die reinste Freude, sich mit Schlamm zu bewerfen. Nach unserem Aufenthalt in Coconuco fuhren wir für den Sonntag nach Popayán, einer von den Spaniern erbauten Kolonialstadt. die Häuser sind aufgrund der Kolonialbauweise der Spanier weiß, was für das nun an Farben gewöhnte Auge sehr ungewohnt ist.

Die Zeit mit Sandra, Manuel und den Anderen hat den Sommer in mir zurückgeholt. Wir gingen auf Konzerte ins Konservatorium und in der Philharmonie, in die Uni Valle, ein riesiger Unicampus mit vielen spannenden Leuten, ins Theater, auf Poetryslams und in Salsabars. Diese kulturell angehauchte Zeit inspirierte mich sehr. Leider zerrte es auch sehr an meinen Kräften,  da ich einen Marathon zwischen Freizeitaktivitäten und Arbeit hinlegte.

Zwischenseminar.

Anfang März begann das Zwischenseminar mit allen Freiwilligen, die in Waldorfinstitutionen in Kolumbien arbeiten. Am Freitagabend trafen sie im Waldorfzentrum in Cali ein, wo wir 2 Tage bleiben sollten. Nach der Arbeit eilte ich nach Hause, sammelte meine sieben Sachen ein, und fuhr ins „Centro Cultural Antroposofico“. Wir Freiwilligen kannten uns schon vom Vorbereitungssemniar, das in  Tübingen stattfand. Dort verbrachten wir 10 unglaublich intensive Tage zusammen. Die dort aufgebaute harmonische Atmosphäre breitete sich sofort unter uns aus, sowie eine eigenartig deutsche Mentalität. Am Abend machten wir uns alle zusammen auf, um Cali, der Stadt des Salsa zu zeigen, dass auch wir deutschen „Passión“ in unseren Körpern tragen.

Der Samstag war mit einer der schönsten und erlebnisreichsten Tage, die ich bisher hier in Kolumbien erleben durfte. Wir fuhren nach Villa Rica, was übersetzt „reiches Dorf“ bedeutet, aber in Wirklichkeit eins der armen Afrodörfer ist, die am Rande von Cali liegen. Johannes, der dritte calenische Freiwillige arbeitet teilweise in der Waldorfschule und teilweise in Villa Rica. Wir besuchten dort ein Zentrum, in dem die schwarzen Kinder und Jugendlichen jeden Tag zu Mittag essen können, wo aber auch Programme für junge Mütter laufen und Musik, Tanz und Kunst praktiziert wird. So fanden sich vor Jahren ein paar Jungs zusammen und wollten Musik machen. Durch die Hilfe der Stiftung erreichten sie einen ordentlichen Erfolg und traten zusammen mit anderen Tanz und Musikgruppen in einem Bambushaus für uns auf. Es war unbeschreiblich schön, mit den schwarzen Kindern und Jugendlichen Hand in Hand zu tanzen, zu klatschen, einfach durch Musik, Tanz und vor allem Lebensfreude  verbunden zu sein, obwohl die Lebensrealitäten, Mentalitäten so unterschiedlich sind.

Nach unserem Aufenthalt in Cali fuhren wir mit dem Nachtbus nach Medellín. Dort kamen wir in „Arca Mundial“, einer Schule für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen unter. In Cali zog jeder einzelne Freiwillige vor der  Gruppe sein Resúmee des vergangenen halben Jahres. In Medellín konzentrierten wir uns vor allem auf die zweite Hälfte unseres Jahres. Ich nahm mir beispielsweise vor, endlich mit einem Salsatanzkurs zu beginnen. Am letzten Tag fuhren wir mit der Metro bis zu einer Station im Norden, um von dort aus mit der Seilbahn hinauf in ein ärmeres Barrio zu fahren. Man sitzt dann nun in dieser Seilbahn und schaut auf die kleinen, minimalistisch zusammengesetzten Steinhütten, die ein Leben an der Armutsgrenze verraten. Dennoch haben die Menschen immerhin ein Dach über dem Kopf. Die Seilbahn bietet eine schnelle Fortbewegungsmöglichkeit für die Menschen, ist aber auch ein Schutz für sie. Die Barrios führen untereinander Kriege und die Seilbahn bietet somit den einzig sicheren Weg von der Stadt hoch in die Barrios zu gelangen. Für uns bestand jedoch keine Gefahr, sagte die Lehrerin, die uns begleitete. Oben genossen wir einen weitreichenden Ausblick auf Medellín und die Aufmerksamkeit hunderter Schüler, von der Schule, die wir besuchten. Wir stellten uns zusammen und sangen ein Lied für die Schüler, danach rannten sie in Kleingruppen auf uns zu, um uns das Barrio und ihre Hütten zu zeigen. Ich fand mich schließlich mit drei pubertären Jungs wieder, die mich durch das ganze Viertel führten. Da stand ich plötzlich in spärlich eingerichteten Hütten, musste mir jeden Winkel des Häuschens anschauen und ein Foto mit den Jungs machen. Voller Stolz stellten sie mich ihren Familien vor, denen meist ein Vater oder Geschwisterteil fehlte, da dieser im Gefängnis, tot oder an einem andren Ort arbeiten war. Die Lebensbedingungen der Menschen in den Dörfern ist teilweise gravierend, der Tod ist für sie ein natürlicher Teil des Lebens, mit dem sie sich zu arrangieren haben. So erzählten sie mir, dass viele ihrer Bekannten im Gefängnis seien, bei Konflikten in den Barrios ums Leben gekommen seien, oder aus Krankheiten gestorben waren. Dennoch fühlte ich wieder diesen Frieden und eine gewisse Lebenslust in diesen Teilen der Stadt. Die Menschen wirken stolz auf das Wenige was sie haben, sind sogar stolz es mit anderen zu teilen. Die Kinder sind glücklich in die Schule gehen zu können und vielleicht mal irgendwann runter in die Stadt zu gehen.



El Caribe de Colombia

6 02 2012

El Caribe

Nun bin ich schon seit ein paar Wochen wieder im Arbeitsalltag und habe meinen Blog vernachlässigt.  Nach einem Monat Ferien, war es schwer sich wieder in  die Arbeit einzufinden, und gleichzeitig von der freien und so andersartigen freien Zeit zu berichten.

Fred und ich verbrachten schöne und vor allem erholsame Tage in Taganga, dem kleinen Hippieort neben Tayrona. Obwohl hier „hippie“ vielleicht nur begrenzt passt. Die Besucher und Einwohner sind von verschiedenster Natur.  Es gibt viele Artesanía –Leute, Künstler, Schmuckhersteller, die von dem Leben, was sie am Tag verdienen. Interessante Menschen, wie ich ihren Lebensstil bewundere und doch mir nur für eine begrenzte Zeit vorstellen könnte, so zu leben. Diese Hippi’s kennen sich untereinander, campen irgendwo billig und machen tagsüber stundenlang Schmuck, um diesen zu verkaufen. Sie sitzen dort in Gruppen, machen Musik, die Kinder spielen, ihre Lebensfreude, trotz der nicht immer einfachen Lebenslage fasziniert mich, außerdem liegt diesem Lebensstil auch immer eine Entscheidung zufüßen. Man gibt, wenn es welche gab, feste und gesicherte Lebensumstände auf, um durch die Länder zuziehen, nahezu frei, jedoch abhängig vom touristischen Strom.

Abends bin ich manchmal runter an den Strand gegangen, habe Gespräche mit den Artesaníaleuten geführt, und dabei auch 2 Europäerinnen kennengelernt, die sich auf Reise verliebt haben und in Kolumbien hängen geblieben sind. Die eine, Schweizerin reißt schon seit über einem Jahr, mit ihrem kleinen Sohn durch Südamerika und verliebte sich nun in Taganga. Eine andere, Deutsche ehemalige Freiwillige reißt seit über drei Jahren mit ihrem Künstlerfreund umher. Sie machen Schmuck aus unterschiedlichen Materialien und Ledertaschen. Im Frühjahr wollen sie in Deutschland ihr Glück probieren.

Nach ein paar Tagen ausgiebiger Entspannung in Taganga und in unserem Hostel, machten wir uns mit dem Bus auf in den Nationalpark „Tayrona“. Unser Hostel ist übrigens wirklich zu empfehlen, wir lebten  dort bei einem älteren Franzosen, der nur 2 Zimmer zu vergeben hatte. Im kleinen Garten unter dem Papayabaum, genoss ich in der Hängematte so einige Abende.

Parque Nacional Tayrona – Karibik so, wie man sie sich vorstellt.

Morgens um 10 ging es direkt von unserem Hostel aus in den Nationalpark. Dort mussten wir leider feststellen, dass aus Überfüllung, keine Besucher mehr auf das 30Km große Gelände, eingelassen werden. Unser Busfahrer fuhr uns spontan zu einem 3km weiter entfernten öffentlichen Strand, wo wir den Nachmittag mit Argentiniern, Norwegern, Kolumbianern in dem wunderschönen karibischen Ambiente verbrachten. Am späten Nachmittag durften wir in den Park eintreten und nutzten die letzte Sonnenstunde, um durch den Urwald, die „Sierra Nevada de Santa Marta“ zu gelangen, um am Strand einen Schlafplatz zu bekommen. Die Sonne war schon untergegangen, als wir in der Ungewissheit ankamen, ob wir überhaupt noch freie Hängematten erwischen würden. Wir hatten Glück. Für 6 Euro bezogen wir unsere Hängematten, schlossen unsere Sachen ein und aßen von unserem mitgebrachten Proviant. Den Abend verbrachten wir am Strand, der so hell strahlte, da wir Vollmond hatten. Wir lernten eine Gruppe Kolumbianer kennen, die wiederum mit 3 Franzosen unterwegs waren und freuten uns an der Vielfalt der Sprachen und Eigenheiten.  Wir machten ein Feuer, es wurde Okulele gespielt und Rum getrunken. Ich fühlte eine unheimliche Leichtigkeit, trotz der Rückenschmerzen vom Tragen des Rucksacks und der gesamten Erschöpfung des Tages. Auch realisierte ich, wie weit mich meine sprachlichen Fähigkeiten schon trugen. Ein gutes Gefühl, kann ich sagen und Spanisch ist eine wunderschöne Sprache, manchmal habe das Gefühl, dass ihr Klang mehr ausdrücken kann, als es die Deutsche Sprache auszudrücken vermag.

Am nächsten Tag wanderten wir lange durch den Wald und am Strand entlang, um die unterschiedlichen Strände zu erkunden. Da gibt es kleine Buchten, deren Wasserstellen wie ein riesiger Pool aussehen, so auch das „Piscina“. Der Strand „Nudista“, wo sich leider niemand traut auszuziehen zieht sich über ein weites Stück hin und macht das Baden zu einem Abenteuer. Ich habe mir erstmal eine schöne Schürfwunde am Arm eingeholt und fühlte mich stark an früher erinnert, als ich solche ständig an den Knien hatte. Mein Fazit: Ich steh mehr auf planschen, als auf Wellenreiten (und Sand schlucken). Fred war da anderer Meinung und hat sich auch geschickter angestellt.

Am ersten Abend, hatte ich eine Theatergruppe aus Bogotá kennengelernt, die in einer offenen Hütte in einer Hängematte saßen und einen Affen streichelten. Über das Streicheln dieses entzückenden Tieres kamen wir dann ins Gespräch und machten uns am dritten Tag auf, zu einer gemeinsamen Wanderung in das „Pueblito“, wo vor vielen Jahren die Khogi- Indios gelebt haben. Nach  2 Stunden anstrengender Wanderung durch Wald, Fluss und über Stein erreichten wir das Dorf, wo zwei Indiokinder Mandarinen und etwas zu Trinken verkauften. Das Dorf lässt nicht mehr vermuten, dass es mal 2000 Einwohner besaß. Es ist dennoch erstaunlich, wie viele Steinterrassen noch erhalten geblieben sind, die schon eine gewisse Stadtstruktur erahnen lassen.

Der Nationalpark Tayrona erinnert mich peinlicherweise an Fluch der Karibik, hätte exakt der Drehort des zweiten(?) Teils sein können. Weiße Sandstrände, türkises  Wasser und eine unglaublich vielfältige, grüne Natur. Über dem Strand ist der Himmel blau und klar, schaut man hinter sich in die bergische Natur, ist diese von Nebel und Wolken eingehüllt. Palmen erstrecken sich bis zum Strand und man stolpert nicht selten mal über einen Kokosnuss. Im Frühjahr, wenn meine Eltern kommen, werde ich mit ihnen dorthin zurück kehren und dann auch Fotos schießen. Leider gab der Akku nach dem ersten Tag den Geist auf, und ich durfte die unglaubliche Natur nur mit meinen Eigenen Sinnen genießen.  Zum Glück !?

Nach unseren Tagen Im Nationalpark verschlug es uns nocheinmal zum Senor Francés und wir verbrachten noch ein paar Tage in Taganga, bevor wir ins wunderschöne Cartagena fuhren.

Cartagena ist mit seinen bunten Straßen, seinen schicken Cafés und seinem Castillo eine berühmte Kulturstadt und auch für den reichen Touristen ein geliebtes Ziel. In unserem Hostel fühlten wir uns sehr wohl, trafen auf weitere Argentinier, (deren Akzent ich übrigens grausam finde). Die  2 Tage verbrachten Fred und ich schlendernd durch die Gassen und im Castillo, das 1741 von den Engländern mit einer satten Flotte angegriffen, aber auf Grund seiner genialen Bauweise nicht zerstört werden konnte. Die Kolumbianer gewannen den Krieg. Vom Castillo aus bietet sich ein wunderschöner Blick über die Stadt und den Hafen, wo alte Piratenschiffe anlegen.

Nach den  2 Tagen machten wir uns auf nach Barranquilla, um dort in den Flieger zurück nach Cali zu steigen. Zu Hause erwarteten mich Kis, Tutu und Matias mit den Worten: Wir erwarten dich, unsere geliebte Zoe. Ein enormes Glücksgefühl machte sich breit, denn die Gewissheit, hier ein zweites zu Hause gefunden zu haben, ist große Klasse.

Fred machte sich am nächsten Tag direkt  an den Pazifik auf und Kis und ich begannen wieder zu arbeiten. Die erste Woche in Tarapacá ermüdete mich doch sehr, nach einem Monat Reise- und Freizeit. Auch befinde ich mich gerade in so einer Schwebezeit. Ich habe mich nun 4 Monate komplett eingelebt und alles hat seinen Ablauf und seine Struktur gefunden. Die Aufgaben in der Arbeit sind definiert, und auch zu Hause ist eine Art Alltag eingekehrt. Ich spüre, dass ich mich weiter entwickeln möchte. Ob es nun ein Kunstkurs am Abend in der Universität für Kunst oder wiederkehrender Querflötenunterricht wird, das weiß ich noch. Vielleicht mache ich auch endlich einen Salsakurs? Es ist wahnsinn, wie die Zeit rennt, nun bin ich schon knapp 5 Monate hier und der erste Monat von 2012 ist vergangen. In ein paar Wochen habe ich Zwischenseminar mit den anderen Freiwilligen meiner Organisation, die in Medellin und Bogotá arbeiten und in  2 Monaten kommen mich meine Eltern besuchen. J

Und nun lasse ich die Bilder sprechen.



Warum nicht mal eine Reise, auf der Reise?

3 01 2012

Nun bin ich in der Karibik angekommen. Zuvor verbrachte ich 3 Tage in der Hauptstadt Kolombiens, Bogotá. Eine Stadt, die sich im Staenden Aufbau und Wandel befindet. Die Architecktur ist so willkuehrlich, die Gebaeude so zusammen gewuefelt. Aber das macht den Reiz aus. Trotzdem ergibt sich eine erkennbare Strucktur, die vorallem aus den Bergen zu sehen ist. Die Stadtteile sind in Blocks aufgeteilt.

Am Freitag Morgen brachten mich Tutu, Kis und Matias, meine kleine kolumbianische Gastfamilie zum Busterminal, von wo ich knapp 12 Stunden in die Hauptstadt brauchte. Die Fahrt verging wie im Flug, denn einerseits konnte ich den mir fehlenden Schlaf nachholen und desweiteren gibt e auf der Strecke so viel zu sehen. Trotz der modernen Infrastrucktur gibt es keine andere Moeglichkeit als durch die Berge in die Grossstadt zu gelangen. Die vegetation veraendert sich zwischen Cali und Bogotá, so ist Bogotá beispielsweise gruen bewaldet, wogegen es in Cali trockener zu sein scheint und mehr Palmen, Buesche und Aloe Vera wachsen. Um 10 Uhr in der Nacht erreichte ich den Terminal del Sur in Bogotá und nahm von dort ein „sicheres Terminaltaxi“ in das Viertel „La Candelaria“ bis zu meinem Hostel. Dort angekommen packte ich mein Gebaeck in en Dormitorio und fuehlte mich stolz, dass ich heil und selbststaendig angekommen war. Fuer mich ist das reisen im grunde nichts neues mehr. Aber jetzt nach ueber 3 Monaten fuehle ich mich sicher in der spanischen Sprache, habe ein Gefuehl fuer die Menschen und ihre Sitten bekommen, bin vorsichtiger durch den Ueberfall geworden. Im Hostel „Los Aventureros“ lernte ich direkt nach Ankunft zwei Deutsche aus Stuttgart kennen, die dort auf einer DEMETER -Biofarm arbeiten und Waldorfschueler waren. Worueber wir sprachen, versteht sih von selbst. Die Reisen durch Suedamerika, mein Waldorfprojekt, dass unteranderem ja auch Landwirtschaft mit einbezieht, und unsere ersten Eindruecke dieser Metropolenstadt. Irgendwann ueberfiel mich die Muedigkeit und ich legte mich zur Ruh. Gedanken ueber die Reise auf meiner Reise ueberfielen mich und der Schlaf blieb noch eine Weile aus.

Am naechsten Morgen schloss ich mich den beiden Deutschen an und wir erkundeten das Viertel „La Candelaria“. Sehr zu vergleichen ist es mit dem caleñschen Viertel „San Antonio“. Viele alternative Leute durchqueren die Strassen, an Touris fehlt es auch nicht. Die farbvollen Gassen, dessen Haeuser so liebevoll geflegt und angestrichen sind, die historischen Gebauede und Universitaeten, bilden hier wohl zusammen mit den Menschen das sogenannte „intellektuelle und kreative Viertel“ Bogotás. Oberhalb der Gassen, auf einem malerischen Plaetzchen entdeckten wir drei Deutsche eine klassische kleine kolumbianische Essensbude, wo uns Mutti Columbiana ein leckeres vegetarisches Menue kochte, mit einem frisch gemachten LULO-Saft, dessen Frucht man bitte in der ganzen Welt (vorzugsweise in Deutschland anbauen sollte“.) Am nachmittag fuhr ich mit einem ueberfuellten bunten Bus zum Flughafen, um dort einen Freund aus Deutschland abzuholen, Fred. Den Abend, die Silvesternacht verbrachten wir erst mit den Biobauern 😉 in einem Restaurant und spaeter….. Im Hostel. Fred Jetlack schlug zu und wir schafften es gerade noch so um 12 auf den Platz im Viertel zu gehen und dort ein Feuerwerk zu sehen. Irgendwie war es das. Der Beginn des neuen Jahres, mit einem Feuerwerk, in diesem wahnsinnig tollen und vielfaeltigen Land, in dem ich noch mehr als 8 Monate leben darf. Am naechsten tag fuhren Fred und ich mit der Seilbahn nach oben zur Kirche „Monserate“ und genossen dort oben einen tollen Ausblick auf die 8,4 Millionen Einwohnerstadt. Die Stadt an sich liegt schon auf 2.600m und wir waren noch ein ganzes Stueck hinauf gefahren. Solange man in der Sonne ist, spuehrt man eine unglaubliche Hitze, sobald der Wind blaesst oder man im Schatten ist, kann man unter Umstaenden wirklich frieren.

Am naechsten Nachmittag setzten wir uns in den Bus nach Santa Marta, an die karibische Kueste. Ganz schoen aufregend! 18 Stunden sollte die Fahrt dauern, letztendlich haben wir exakt 24 Stunden gebraucht. Gestern Abend um 7 Uhr hielt der Bus ploetzich an und die Luft wurde von einem seltsamen Gestank durchstroemt, eine Mischung aus Motoroelen und irgendetwas verbranntem. Alle raus aus dem Bus! Draussen unterhielten wir uns mit einem Deutschen, seiner kolumbianischen Freundin, und zwei Freundinnen ihrerseits. Nach einer halben Stunde war klar. 4 Stunden warten, es muesse ein neuer Bus aus Bogotá geschickt werden. Macht nichts, sagen die Kolumbianer und trinken Bier. Die Deutschen taten es ihnen gleich. Komischerweise versagte der Bus genau an einer kleinen Fress- und Saufbude, man kann es nicht eleganter beschreiben. Als das Bier alle war, fuhr ein Auto in die naechste Stadt und holte Nachschub. Die Salsamusik wurde aufgedreht, ich schnappte mir einen Kolumbianer und tanzte. Ich muss zugeben, Danke an das Kolumbianische Busunternehmen „Expreso Bolivariano“, es waren bunte Stunden. Die Nacht schliefen wir alle super und kamen schliesslich um 3 Uhr Nachmittags an. Zuvor hatte sich die Landschaft schon sehr veraendert. Viele Bananenplantagen und Kakteen waren zu sehen und dann immer diese langweiligen Palmen, die einem erst Recht das Gefuehl von karibischer Kueste geben 😉 Dann das Meer…

Nun sind wir in Targanga, zusammen mit dem Paar, dass wir gestern bei Bier und Kartenspiel kennen lernten. Targanga befindet sich oestlich von Santa Marta und ist ein absolutes Hippiedorf. Morgen erkunden wir die Straende und bald wollen wir uns in den „Parque Nacional Tayrona“ aufmachen, in den Urwald und die Berge.

Dieser Bericht ist fuer meinen geliebten Opa, dem ich sovieles zu verdanken habe. Er ist heute von uns gegangen, aber wird mir immer nah sein..

Z O E am 03.01.2012, Targanga 26°, 11.07p.m



Ein Jahr Sommer

30 12 2011

Kurz vor Abfahrt.  Nun ist Weihnachten vergangen, Jonas und Wenke mit denen ich 2 schöne Wochen verbrachte sind auf dem Weg zurück nach Ecuador. Ja, es waren zwei sehr schöne Wochen. Als sie vor 2 Wochen ankamen, fuhr ich direkt nach der Arbeit zu ihnen und wir machten uns auf den Weg zum Indigena- Markt im Künstlerviertel  „San Antonio“.  Wir saßen oben über der Stadt und schauten der Sonne zu, wie sie langsam über der Stadt und dann hinter den Bergen verschwand. Glücklich fühlten wir uns, weil wir uns wieder sahen. Auf dem Weg zum Bus passierte uns leider etwas, das meine Haltung zu diesem Land verändert und meine Vorsicht bestärkt hat. Wir wurden von 2 Männern mit Messern bedroht und überfallen. Sie nahmen meine Tasche mit einigen Wertsachen mit. So ist das. Anfangs ist man überaus vorsichtig und irgendwann fühlt man sich sicher, wird risikofreudiger und dann holt einen die Realität ein. Für mich war das wichtig. Ich gehe jetzt mit einer anderenauf die Dinge zu, werde vorsichtiger sein, mit Skepsis, aber ohne Angst auf die Dinge zugehen.

Die Präsentation der „Pastorella“ (Krippenspiel) fand am Samstag den 17. Dezember statt und war ein Tag voller Euphorie, Adrenalin, Aufregung, Stolz und Freude. Schon am morgen fuhr ich mit Wenke und Jonas auf die Felder, zeigte ihnen alles, stellte ihnen mein lieblings Ziegenbaby vor, und wurden von Catalina auch schon heftig für die Vorbereitung der Feier eingespannt. Plötzlich war alles rappelvoll. Mittlerweile ist es so, dass ich viele Leute kenne, zu einigen Eltern auch einen guten Draht habe. Mich hat es mit Stolz erfüllt, so nah mit den Hauptdarstellern, unseren Muchachos zusammen zu sein, mit ihnen auf die Präsentation hinzufiebern. Ich stimmte mich flötentechnisch ein. Kis, Adriana, Catalina und ich halfen den Muchachos dabei sich umzuziehen. Dann ging es los. Ich begleitete die Präsentation mit der Querflöte und Gesang, Catalina spielte Gitarre und Anne Blockflöte. Die Muchachos performten und die Sonne schenkte uns goldenes Abendlicht. So muss es wohl in Betlehem auch gewesen sein 😉 😉 Die heiligen drei Könige waren zum schreien lustig, einer der drei war mein geliebter Felipe Castro und brachte eine echte Ziege mit auf die Bühne. Lustiger Weise sprach er dann auch wie eine Ziege es tun würde, erlernte sie die menschliche Sprache. „Vaaahhaaamaahoooss paaastoorreees“ – Zum umfallen komisch! Juan Camilo Ruiz, der José spielte wollte ununterbrochen die Bühne verlassen, also musste seine Maria ihn ständig wieder einsammeln, was sie sehr aufregte.

Wenke und Jonas fügten sich allem und noch schöner unterhielten, amüsierten sich. Der folgenede Tag veranstalteten Kis und Tutu einen Adventsnachmittag, an dem wir sangen und Flöte spielten, ich bin froh das sie den Glauben hier nicht so exzessiv ausleben, es ist mehr eine schöne familiäre und musikalische Atmosphäre, die entsteht. Am Montag machten wir uns auf den Weg zur Finca von Gunnar und Anne, meiner ersten Gastfamilie hier in Kolumbien. Der Weg war abenteurlich, zuerst mussten wir noch einkaufen, denn da oben gibt es gar nichts. Dann fuhren wir bis an die Portada del Mar am Rande der Stadt, die über die Berge irgendwann zum Pazifik führt. Von daaus nahmen wir einen der alten, bunten kolumbianischen Busse und fuhren bis nach Felidia, ein Dorf in den Bergen. Dorf riefen wir einen Jeep an, der uns dann bis zur alten Finca brachte. Wir fuhren vorbei an armen Häusern, die von indigeneren Stämmen bewohnt werden, als man es aus Cali kennt. Oben angekommen begannen wir das Haus auszukundschaften. Die vielen Zimmer aus Holz, die Küche, wir bestückten Weinflaschen mit Kerzen, um später in der Nacht Licht zu haben. Um das Holzhaus herum befindet sich eine Veranda, die einem einen Blick hinunter auf Wolken, Täler, Kühe, Häuser und auf das einfache NICHTS bietet. Wir verbrachten die Tage auf der Finca damit zu kochen, zu essen, zu lesen, zu musizieren, zu schreiben, zu reden, zu schlafen.. Ich bastelte die meiste Zeit an den Weihnachtsgeschenken für meine kleine kolumbianische Familie. Sehr seltsam war es an so einem neutralen Ort zu sein, ich vermisste Cali ebenso wie Deutschland. Als wir nach 5 Tagen der Ruhe nach Cali zurück kehrten fiel mir am meisten der Abgasgeruch auf. Als ich zu Hause ankam, erfuhr ich, dass Tutu und Matias eine Grippe erwischt hatte und Matias mitten in der Nacht ins Krankenhaus musste, weil sein Fieber nicht wich. Für die Eltern war das sehr aufreibend. Trotzdem konnten wir Weihnachten sehr genießen. Ja, wie anders und doch gleich es war, wie zu Hause in Deutschland. Die Atmosphäre ist wohl überall familiär, weihnachtlich gemütlich. Auch wenn bei uns weihnachtlich gemütliche 30 Grad herrschten und ich die heilige Nacht nicht schlafen konnte vor Hitze. Jonas, Wenke und ich musizierten für die Familie, sangen  3 stimmig „Maria durch ein Dornwald ging“ und spielten dazu Klarinette, Querflöte, Scharango und Blockflöte…

Nach Weihnachten begann in Cali die Feria, die mich leider sehr enttäuschte. Zwischen durch fühlte ich mich wie auf dem Kölner Karneval. Menschen kommen zusammen, präsentieren sich und geben sich bis zum Absturz die Kante. Das einzige was mir das bringen könnte wäre ein tödlicher Kater. Der Salsaumzug jedoch war toll. Viele Tanzgruppen zogen mit Live-Konzert durch die Straßen. Ihre Kostüme und wahnsinnigen Tanzfähigkeiten beeindruckten doch schon ziemlich. Die folgenden Tage tanzten wir mit Tutu und Kis, waren in meiner Lieblings Salsa Bar „Tintindeo“, kochten zusammen, und erfreuten uns am Sommer.

Morgen  beginnt meine Reise in die Karibik. Ich fahre alleine mit einer sicheren Busgesellschaft nach Bogotá und von dort mit einem sicheren Taxi zum Hostel, dass ich sicherheitshalber schon anrief. Das wird sicherlich sicher sein! Mir wird also nichts passieren J Einen Tag verbringe ich alleine in Bogotá, Abends, pünktlich zum Jahreswechsel kommt dann Fred. Am Sonntag werden wir uns womöglich in den Bus nach Santa Marta setzen.

Ich denke an euch. Ganz besonders an meinen geliebten Opa Erich. Er soll sich ozeanisch groß gedrückt fühlen.

Zoe



Qué bonita es esta vida!?

23 12 2011

Navidad. Amigos. Trabajo. Familia.

Es gibt soviel zu sagen, manchmal verliere ich fast den Überblick über Ereignisse, Erfahrungen, Gefühle und Gedanken..

Beginnen wir bei „Navidad“. Kaum vorzustellen ist wahrscheinlich, dass ich trotz der Hitze und dem kolumbianischen Leben in Weihnachtsstimmung bin. Natürlich gibt es keinen Weihnachtsmarkt mit Glühwein, Adventskalender mit schönen Kleinigkeiten (Danke Mama) und Schnee. Aber die kolumbianische Weihnachtsstimmung erfüllt mich hier auf eine spirituelle Weise sehr. Im Projekt haben wir alle zusammen einen Adventskranz gebastelt, jeder Muchacho durfte einen Zweig befestigen und sich dazu ein Lied wünschen. Die Kolumbianer kennen mehr als 30 Weihnachtslieder, ein paar kann ich schon singen und auf der Blockflöte spielen 😀 Meine gesammelten Waldorferfahrungen kommen also wieder zum tragen. Und das macht mich glücklich. Meine Kindheit begann antrophosofisch und endet mit dieser. Und wer weiß, vielleicht wird sie mein weiteres Leben ebenso prägen. Ich fühl mich in meinem Projekt sowohl, der morgendliche Vers, das Blockflöte spielen, das Singen, die Eurythmie, das Arbeiten mit dem Jungen mit Autismus, die Arbeit auf dem Feld, das erarbeiten von Büchern aus Aquarellpapier, die Vorbereitung des Essens, alles ist in einen alltäglichen, aber so wohltuenden Fluss gekommen. Ein Routine, auf die man sich verlassen kann, in der man wachsen kann, die Vertrauen schenkt, einen auch selbst Dinge entwickeln lassen läßt. Auch ist die Routine wichtig für die Muchachos, jeden Morgen wiederholen wir mit ihnen, was der Tag bringen wird, und Nachmittags finden sich alle zusammen in der „Retrospectiva“ wieder, in der jeder einzelne seinen persönlichen Tagesablauf wiederholen muss. Das klappt bei einigen besser, bei eingen schlechter. Einerseits ist dies wichtig, um ein Gefühl von „Ich“ zu erlangen, zu wissen, welchen Platz man in seiner Arbeit hat, aber auch um die Gedanken zu schulen und Gedankengänge zu erweitern.

Ein Tag in Tarapacá.

1.)Ankunft

2.) Klar schiff machen des Geländes, Tische decken, das Frühstück   vorbereiten

3.) Morgenrunde –> Eurythmie, Morgenspruch, Aufsagung des Datums, Blockflöte, Gesang, Überblick über den Tag

4.) Frühstück

5.) Landwirtschaft bestehend aus dem was gerade anfällt. (Bearbeitung von Soya, Tomaten, Hibiskus, MAIS, Bohnen, Linsen, Amarandt, Milch zu Käse, Mehl und Zutaten zu Brot, etc.) – Für mich- Arbeit mit dem Jungen mit Autismus

6.) Eine Stunde Klasse mit der jeweiligen Epoche

7.) Mittagessen

8.) Pause – Für mich: 3 Mal die Woche Fußbad mit Rosmarin und Salz, um seinen Kreislauf in Schwung zu bringen, mit Juan Camilo Ruiz

9.) Kunst/Chor/Stricken, oder leichteres Arbeiten mit Wolle/für einige Gitarrenunterricht

10.) „Retrospectiva“- Mündliche Wiederholung des Tages + eine Frage über den Tag, die zum Nachdenken anregt. Bsp.: „Was hat dir am besten Gefallen“?

11.) Abschlussrunde mit Vers, Gesang

—> Dafür Sorge tragen, dass alle vor der Busfahrt auf Toilette gehen, teileise Begleitung geben.

Und ab nach Hause..

Meine Erfahrungen mit den verschiedenen Muchachos und ihren Spezialitäten, so nenne ich es liebevoll, prägt mich sehr. Wenn es nach mir ginge, dann würde ich jeden einzelnde Umarmung Juan Camilo’s erwiedern. Er hat das Down-Syndrom und umarmt mich ungefähr einmal pro Minute. Er ist in meinem Alter, dass vergesse ich immer wieder, weil er so hilfebedürftig ist. Aber er kann soviel. Vorallem kann er mich zum Lachen bringen, wenn er gerade mal wieder den Korb mit den Wachsmalkreiden in den Garten geworfen hat, sich kaputt lacht, dann schreiend vor lachend aufstegt und jede einzelnde Kreide wieder aufhebt. wenn er selbiges mit seinem vollgeladenen Teller während des Mittagessens macht, aber nur lachend sitzen bleibt, dann ist das weniger lustig. Dann sage ich Maestra Zoe: Juan Camilo, levántate, vas a lavar el suelo. Dale pues!“ – Juan Camilo, du wirst jetzt den Boden putzen, aber schnell. Dann laufen wir gemeinsam zum Schuppen, holen das Putzzeug und er darf nicht weiter essen. Beim Nachtisch ist er dann schon wieder ganz dabei. Auch begleite ich ihn auf die Toilette und musste ihn schon das eine Mal im Garten mit dem Schlauch duschen, weil er in die Hose gemacht hatte. Und für mich ist es nun das normalste der Welt Verantwortung für jemanden zu übernehmen und ihn den ganzen Tag zu begleiten. Me lo encanta. Ich liebe es.

Nicht nur in Tarapacá spüre ich die weihnachtliche Spiritualität, auch in der Familie ist es besinnlich. Jeden Adventssonntag sitzt man im größeren Rahmen zusammen, es werden Märchen erzählt, es wird gesungen und gegessen.

Am Donnerstag kommen Jonas und Wenke, ein befreundetes Pärchen aus  Berlin, die gerade drei Monate auf verschiedenen Höfen in Ecuador verbracht haben. Sie werden im Barrio „Granada“ leben, das in der nähe von meinem zu Hause liegt und am Samstag zu unserer Präsentation des Krippenspiel’s in Tarapacá kommen. Das müsst ihr euch vorstellen. Die Muchachos spielen die Geburt Christi, sie singen, performen schauspielerisch und spielen Flöte. Es ist unglaublich witzig und interessant, wie sie in die verschiedenen Rollen schlüpfen, wie sie sich dort hineinfinden. Einige sind sehr aktiv dabei, andere, die schwerere Behinderungen haben, freuen sich einfach des Gruppengefühl’s. Am Sonntag wird die Adventsfamilie in meiner kleinen kolumbianischen Familie gefeiert, und Wenke und Jonas sind herzlich dazu eingeladen. Die darauf folgenden Tage bis zum heiligen Abend verbringen wir auf der Finca, die der Familie gehört, die mich und Marlene liebenswürdigerweise die ersten zwei Wochen meines Kolumbiendaseins, aufgenommen haben. 5 Tage ohne Strom, in einem großen Haus am Fluss, umgeben von den Anden. Ich werde meine Malsachen einpacken, meine wieder täglich bespielte Querflöte. Ich freue mich auf Ruhe, endlose Natur und insgesammt auf 4 Wochen Ferien. Zu Weihnachten werde ich zu meiner kolumbianischen Familie zurück kehren, auch zur großen Feria Cali’s, die Konzerte, Feierlichkeiten und Aktionen in der ganzen Stadt mitsich bringt. Qué rico! Am 29.Dezember fahre ich nach Bogotá und treffe dort einen lieben Freund aus Deutschland. Wir werden über Silvester in Bogotá bleiben und anschließend mit dem Bus in die Karibik fahren.



Mi vida en Colombia

18 11 2011

Ich habe das Bedürfnis euch von meinem Alltag, meiner Arbeit und den Wochenendausflügen zu berichten.. Am letzten Wochenende fuhr ich mit Kis, Tutu und Matias in die Berge. Mit der alten gelben Ente knatterten wir ca. eine halbe Stunde lang den Berg hoch. Oben angekommen wartete ein gigantischer Ausblick auf die Cali und auf der anderen Seite das Panorama der Anden auf uns. Sobald ich diese endlosen Berge sehe, spüre ich diese tiefe Reiselust, Wanderlust, Entdeckungslust. Die Sonne, der nebel, das endlose grün, so inspirierend wie atemberaubend.