La Barra – Ein Ort des Friedens

15 10 2011

Am Dienstag morgen machten wir uns auf den Weg nach La Barra, einer Halbinsel in der Nähe der Hafenstadt Buenaventura. Wir, das sind meine Mitfreiwilligen Marlene und Johannes, sowie Mateo, Marlenes Mitbewohner und ich. Die Busfahrt von Cali nach Buenaventura sollte laut Kolumbienkennern 2 Stunden dauer.Durch wunderschöne Anden, an Holzhütten und Afrokolumbianischen Einwohnern, deren Leben man im Vorbeifahren nur erahnen konnte, vorbei, fuhren wir letztendlich 6 Stunden. Schuld? El trancón, was Stau bedeutet. Mir machte es nichts aus, auch wenn die Hitze und der Hunger zerrend waren. Es ist wichtig, sich der Situation anzupassen, sie anzunehmen. Gewonnen habe ich durch die Gelassenheit die grünen endlosen Berge, das Treiben der Menschen in den Dörfern, die Beobachtung der spielenden Kinder. Über die Verkehrsweise des Buses möchte an dieser Stelle einmal sagen: Es ist genauso, wie ich befürchtet habe, ich frage mich wirklich warum ich in Deutschland Angst hatte Auto zu fahren. Nein wirklich, der Verkehr in Südamerika ist grausam. Neulich wurde ich ungewollt Zuschauer eines Verkehrsunfalls. Marlene und ich kamen von der Arbeit und sahen wie Menschen sich um ein Etwas tumelten. Da lag sie, eine verunglückte Frau, in einer Lache von Blut.

Reale und nochmehr gefühlte Stunden kamen wir in Buenaventura an, obwohl ich nicht weiß, woher die Stadt sein „buen“ her hat. Naja wahrscheinlich rübergeschifft, wie die Drogen. Buenaventura ist einer der Drogenumschlagplätze schlechthin. Es wurde schon fast dunkel und wir beeilten uns zum Boot zu kommen. Am Bootsschalter erfuhren wir, das kein Boot mehr nach Juanchaco fahren würde und wir in Buenaventura übernachten müssten. Das taten wir, in einer billigen Absteige für knappe 4 Euro die Nacht. Wir freuten uns über die Dusche und die Betten. Ich kann es mir schon nicht mehr vorstellen warm zu duschen und ich genieße es, selbstwenn es früh am Morgen ist.

Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg zum Boot, dass uns innerhalb einer Stunde mit 100km/h zur Península „Juanchaco“ brachte. Die Busfahrt ist ungefähr mit der Busfahrt zu vergleichen. Selbst wenn ich mich festhielt flog ich bei jeder Welle in die Luft und krachte wieder auf das Holzbrett. Aber dank der Steißbeinschmerzen werde ich das „buen aventura“ nicht so schnell vergessen. Wir entfernten uns vom hässlichen Buenaventura, von einem Ort an dem man sich fremd und unerwünscht fühlt, es sei denn man hat Geld in der Tasche. Wir hatten eindeutig zu wenig! Die Stadt ist außerdem dreckig und ohne erkennbare Struktur. Es gibt verwahrloßte Hütten, Hochhäuser und Hotels, dann wiederrum Kirchen und das ein oder andere villenartige Geäude. Jede Zeit und seine finanzielle Lage ließ hier wohl ein Haus in die Lüfte sprießen.Entgegen kamen uns unzählige unbewohnte Inseln, die voller fremder Vegetation und Vögel war. Denken musste ich immerzu an Charles Darwin und seine Galapagosinsel! Auch sahen wir bewohnte Inseln, oder Halbinseln, solche wo die Strandhütten am Strand zu erblicken sind, und Palmen auf dem Strand wachsen. Wunderschön und trotz des grauen Himmels am ersten Tag nicht triste! In Juanchaco angekommen erlebte ich so etwas wie einen positiven Kulturschock. Es wurde draußen in Hütten an Feuerstellegekocht und wohin man blickte waren nur Afrokolumbianer zu sehen. Die Menschen leben in den Hütten, die oft kein fließend Wasser und nur selten Strom besitzen. Mit einem Auto, das auseinanderzufallen drohte fuhren wir weiter in das nächste Dorf, Straßen gibt es dort keine. Von dort aus ließen wir zusammen mit einem freundlichen Afrokolumbianer eine Stunde lang durch die Urwald, durch schwarze, rote, braune, gelbe und beige Erde. Zusammen mit der Vielfalt der Pflanzen und dem blauen Himmel ergab das ein prächtiges Farbenspiel der Natur.

Es beflügelte uns, und wir freuten uns auf ein paar Tage Ruhe nach der abenteuerreichen Anreise. Plötzlich ging es steil abwärts und wir erreichten den Strand, dessen Sand grau, beinahe schwarz ist. Der Blick auf den Strand, der mit Kokusnüssen übersät war, auf das Meer und zwei schöne Holzhütten gab mir erstmalig in diesen Tagen ein Gefühl von Ankommen, von Rast und Ruhe. Noch ein paar Schritte weiter und wir befanden uns mitten in dem Leben, dass einer anderen Zeit zu spielen scheint. Die Afrokinder liefen umher und begrüßten uns, sowie die Älteren mit einem freundlichen „Buenas“. Wir zogen in eine Hütte, die ein Licht im Schlafzimmer besitzt und ansonnsten frei von Luxus war. Duschen taten wir uns in unserem Garten, dem Urwald mit dem Wasser aus einer Regentonne, dessen Wasser die Inselbewohner trinken und uns auch nicht umbrachte. Wir erkundeten den Strand, nahmen uns alle vier an der Hand und rannten in des Pazifik. Symbolisch hatte es für mich einen großen Wert. Wieder ein neues Meer, ein Stück mehr von der Welt. Den Abend verbrachten wir ebenfalls am Strand und gönnten uns unsere erste Malzeit bei einer sehr netten Afrofrau, die für uns köstlichen Reis, Platano verde, Fisch und Salad auf einer Kochstelle in ihrer Küche zubereitete. Satt und glücklich setzten wir uns an den Strand, der durch den Vollmond geheimnisvoll wunderschön war.Ich weiß nicht warum und weiß es doch. Aber diese Nacht unterm Moskitonetz, auf einer abgenutzten Matratze, mit zerstochenen Mückenstichbeinen schlief ich einhundertmal besser, als in meinem Zimmer in Cali. Es ist nicht der Wohlstand der glücklich macht. Es ist der Frieden.

Am nächsten Tag nahm ich Kontakt zu den Einheimischen auf. Eine Frau wusch ihre Wäsche in einer Schüssel und schenkte mir ein zufriedenes und einladendes Lächeln. Ich fasste mir ein Herz und ging zu ihr hin um mich vorzustellen. Auf einem Stuhl neben ihr saß ein kleines Afrobaby und strahlte mich an. Ich fragte die Frau, ob ich die kleine auf den Arm nehmen dürfe. Sie sagte erfreut „si claaro!“ Ich warf das Baby hoch in die Luft. Zum Dank schenkte es mir ein erheiterndes Lachen.

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